Gewährleistungsansprüche beim Pferdekauf

Das LG Coburg hat klargestellt, dass bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Pferd wegen eines behaupteten Charaktermangels die speziellen Gegebenheiten von Lebewesen als Kaufgegenstand beachtet werden müssen.

Im Frühjahr 2014 erwarb der Kläger ein damals 6-jähriges Pferd, das von der beklagten Verkäuferin als ruhig, ausgeglichen und problemlos im Gelände reitbar beschrieben worden war. Es sei eine „coole Socke“. Im Kaufvertrag wurde u.a. geregelt, dass das Pferd angeritten sei und mit dem Tier weiter gearbeitet werden müsse. Nach erfolgloser Aufforderung zur Nacherfüllung trat der Kläger im Herbst 2014 schließlich vom Kaufvertrag zurück und forderte dessen Rückabwicklung. Wenige Wochen nach der Übergabe sei das anfangs eher schläfrige Verhalten des Pferdes ins zunehmend Schreckhafte umgeschlagen. Schon beim geringsten Anlass neige das Tier zu Panik und Flucht und der Kläger sei bereits zweimal abgeworfen worden. Für Freizeitreiter, an die das Angebot der Beklagten sich unbestritten gerichtet hatte, sei das Pferd nicht reitbar. Damit läge die vereinbarte Beschaffenheit des Pferdes nicht vor. Dieses leide vielmehr unter einem Charaktermangel, sei möglicherweise traumatisiert. Nach Auffassung der Beklagten handele es sich um ein natürliches Verhalten des Pferdes. Probleme beim Reiten führte die Beklagte auf unsachgemäße Haltung bzw. fehlerhaftes Reiten zurück.

Das LG Coburg hat nach Vernehmung mehrerer Zeugen und der Einholung des Gutachtens eines Fachtierarztes für Pferde die Klage vollständig abgewiesen.

Nach Auffassung des Landgerichts hat der Kläger trotz umfangreicher Beweisaufnahme den Nachweis für eine Mangelhaftigkeit des Pferdes im Zeitpunkt seiner Übergabe durch die Beklagte nicht führen können. Obwohl die Zeugen das auffällige Verhalten des Pferdes bestätigt hätten, hätten sie auch angegeben, dass sich dieses erst einige Wochen nach der Übergabe des Tieres gezeigt habe. Vorher sei das Pferd sehr ruhig gewesen. Nach der Auffassung des Sachverständigen handelte es sich bei den Auffälligkeiten des Pferdes nicht um eine Verhaltensstörung, sondern um ein – unerwünschtes – Verhalten, das dem Normalverhalten der Pferde im weiteren Sinn entsprochen habe und auch auf die Unerfahrenheit des Klägers als Reiter und dessen Umgang mit Pferden zurückzuführen sei. Eine Traumatisierung konnte nicht bestätigt werden. Ein Charaktermangel bei Übergabe des Tieres sei nicht erwiesen, sondern vielmehr eine Fehlentwicklung nach diesem Zeitpunkt. Soweit der Kläger schließlich die fehlende Rittigkeit bzw. Beherrschbarkeit des Pferdes gerügt hatte, habe es sich um Gegebenheiten gehandelt, die wegen der ständigen Entwicklung lebender Tiere nicht nur jederzeit auftreten, sondern auch vom Pferd und seiner Veranlagung unabhängige Ursachen haben könnten. In Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung weiter Obergerichte komme daher dem Kläger die Regelung des § 476 BGB nicht zugute, weshalb insgesamt ein Nachweis der Mangelhaftigkeit des Tieres zum Zeitpunkt der Übergabe an den klagenden Käufer nicht habe geführt werden können. Auch wenn Tiere keine Sachen im Sinne des Gesetzes seien, kämen auf sie doch die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend zur Anwendung. Sie müssten daher etwa beim Kaufvertrag ebenso wie sonstige Sachen die vereinbarte Beschaffenheit besitzen. Wenn dies nicht der Fall sei, würden auch Verträge über Tiere dem üblichen Mängelgewährleistungsrecht unterliegen. Die speziellen Eigenschaften der Tiere als Lebewesen mit ständiger Entwicklung dürften bei der Betrachtung jedoch nicht aus den Augen verloren werden. Im vorliegenden Fall hätten sie dazu geführt, dass die für den Käufer günstige Regelung zur Beweislast keine Anwendung fand.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 11/2016 des LG Coburg v. 22.04.2016

 

Die zitierte Norm § 476 BGB lautet:

Zeigt sich sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.“

Genau hier meint das LG, dass diese Vermutung eben mit einem Tier unvereinbar sei, was die Beweisführung für den Käufer somit deutlich erschwert, da er den Vollbeweis für einen Mangel führen muss und sich eben nicht auf die Beweisvermutung berufen kann.