Verfassungsbeschwerde wegen Verstoß gegen prozessuale Waffengleichheit bei Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne vorherige Anhörung erfolgreich:

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 11.01.2022 (1 BvR 123/21) noch einmal deutlich gemacht, dass vor Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich der Antragsgegner zuvor – ggf. mit kurzer Frist – anzuhören ist, da er ansonsten in seinem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit gemäß Artikel 3 Abs. 1 i. V. m. Artikel 20 Abs. 2 GG verletzt ist.
Auch in unserer täglichen Praxis kommt es nicht zu selten vor, das Gericht auf Antrag des Antragstellers eine einstweilige Anordnung ohne Anhörung des Antragsgegners erlassen, sofern der Antragsteller den von ihm behaupteten Sachverhalt durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft macht. Nach den klarstellenden Worten des Bundesverfassungsgerichts stellt dieses einen klaren Grundrechtsverstoß dar. Von einer Anhörung des Antragsgegners kann nur dann abgesehen werden, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung unverzüglich notwendig ist, um schwere Nachteile vom Antragsteller abzuhalten und auch eine kurze Frist zur Anhörung des Antragsgegners von 1-2 Tagen dieses nicht zulässt.